Radsport WM Vorbereitung auf Mallorca

Bald neigt sich meine Zeit als Vollzeit-Physiotherapeutin im Radsport dem Ende zu. Immer wieder wurde ich gefragt, was ich eigentlich genau mit den Sportlern mache und wie es ist, dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen. Deswegen verrate ich euch in diesem Artikel, wie das Leben der britischen Bahnausdauermannschaft im Trainingslager auf Mallorca aussieht. Hier bereiten sie sich auf die Bahn WM im niederländischen Apeldoorn vom 28. Februar bis 4. März 2018 vor.

 

Ihr erfahrt nicht nur meine besten Tipps für ein erfolgreiches Training, sondern auch vor welchen Herausforderungen ich und die Radsportler stehen, damit sie immer wieder ihre optimale Leistung abrufen können. Der Job des Physiotherapeuten im Radsport ist weitaus mehr als nur an der Behandlungsbank zu stehen und zu behandeln, soviel sei schon mal gesagt ;-) 

Für uns fängt das Camp schon vor dem Camp an, denn die komplette Ausrüstung muss mit einem Van von Manchester nach Mallorca transportiert werden. Nachdem ich Mittwochs noch fleissig in der Praxis in Stuttgart zutun hatte, geht es Donnerstags los nach Manchester. Dort packe ich im Velodrom Massagebank, Gymnastikmatten, Therabänder, Blackrolls, Nutrition etc. zusammen. Und natürlich auch einige Fahrräder, Zeitfahrräder und Straßenräder, Turbos und sogar einen Roller nehmen wir diesmal mit. Nicht, dass man auf Mallorca Roller mieten könnte, aber ganz nach dem Motto „was man hat, das hat man“ wird das Teil in den Van gerollt. 

 

Nach 3 Tagen Reise, inklusive Eurotunnel und Fähre erreichen wir am Montag die Insel und checken in unser Hotel ein. Bevor unsere 9 Sportler ankommen, kaufe ich schonmal die nötigsten Dinge wie Wasser und Snacks ein. Als die Sportler eintreffen regnet es in Strömen, so dass wir uns den grauen Himmel von Manchester zurückwünschen. Es bleibt aber keine Zeit zu grummeln, denn es steht eine Runde auf der Rolle an, um die Beine nach der langen Reise etwas zu bewegen.

Danach geht es dann schon los mit dem Behandeln. Man würde meinen die Beine seien das Hauptproblem. Aber das ist oftmals gar nicht so, denn durch die häufigen Radwechsel der Sportler (Straßenrad, Bahnrad und Zeitfahrrad) entstehen oft auch Rücken-oder Nackenschmerzen.

 

Einer der Sportler hat heute aktuell das Problem, dass er sich nur mit Bewegungseinschränkung und unter Schmerzen nach vorne beugen kann. Er meint, dass er wohl einfach irgendwie komisch und zu lange gesessen hat. Ich checke Hüfte und Rücken und entdecke schnell, dass er extrem verspannte Glutealmuskulatur hat und ausserdem ein leicht verdrehtes Becken. 

 

Dehnen und Blackroll sind die halbe Miete

 

Ich wende direkt Manuelle Therapie und Triggerpunktbehandlung an und schon nach der Behandlung kann der Sportler sich wieder bis zum Boden vorbeugen. Ich entlasse ihn mit dem Hinweis selbst nochmal mit der Blackroll am Rücken und den hinteren Oberschenkeln und mit dem Triggerball an der Glutealmuskulatur zu arbeiten. Ausserdem rate ich ihm nach dem Abendessen zu dehnen, um die Lendenwirbelsäule und das Becken zu mobilisieren. 

 

Individuelle Behandlung von Kopf bis Fuß

 

Solche „kleinen“ Probleme tauchen öfter auf. Da ich die Sportler aber schon recht gut kenne, weiß ich oft schnell was für wen gut ist und am besten hilft. Natürlich wissen sie als Profis auch selbst schon ganz gut Bescheid, welche Übungen ihnen weiterhelfen. Noch zwei weitere Sportler kommen zur Behandlung und ehe man sich versieht ist es schon Abendessenzeit. 

 

Nach dem Abendessen noch eine Behandlung und dann ist für die Sportler auch schon Zeit ihr Protein für die Nacht zu sich zu nehmen. Ich bereite schonmal die Flapjacks und Rice Cakes für den nächsten Tag vor, 22:30 und Day 1 is done:-) 

7:30 Uhr - Frühstück für Profis

 

Nach einem kohlenhydratreichen Frühstück packe ich alles für den Tag ins Auto. Vor allem Nutrition, wie Gels, Riegel, Wasser und Hydrotabs, damit die Sportler während des Trainings versorgt sind. Der Trainer, ein Mechaniker und unser Physiologe sitzen im Auto und kümmern sich um die Sportler während des Trainings. 

 

9:00 Uhr - Pre-ride mobility session

 

Jeder bereitet sich individuell mit Blackroll, Glutactivation und Stretching auf das Training vor. Ich ergänze Übungen oder gebe Hilfestellungen. Darauf folgt ein kurzes Meeting um zu besprechen wo es hingeht und welche Strecke gefahren wird.

 10:00 Uhr - Abfahrt und Zeit für mich

 

Die Radfahrer sind vier Stunden unterwegs. Vier Stunden Zeit um selbst etwas Sport zu machen, eine Runde am Strand zu Laufen, zum Supermarkt zu gehen und das Essen für die Woche mit dem Hotelkoch abzustimmen.

 

14:00 Uhr - Köstliche Shakes für die Bande

 

Alle sind zurück und alle werden erst mal mit einem Shake versorgt. Um nicht immer nur das gleiche langweilige Pulver zutrinken, mache ich oft Shakes mit Beeren, Joghurt, Bananen und füge dann etwas Proteinpulver dazu. Um alles zu vermischen benutze ich den Nutri Bullet - sehr zu empfehlen, wenn ihr euch gerne selbst Shakes macht. Danach geht es zum Mittagessen. 

 

15:30 Uhr - Start der ersten Behandlung 

 

Einer der Sportler ist vor 4 Wochen gestürzt und hatte eine Rippenprellung. Diese war sehr lange schmerzhaft, was nicht unüblich ist und deswegen können wir erst jetzt wieder anfangen den Rücken richtig zu behandeln.

 

Ein Anderer hatte vor einiger Zeit einen Bandscheibenvorfall, der keine Schmerzen mehr bereitet aber dennoch ist es wichtig, den Bereich weiter spezifisch zu kräftigen. Ich mache mit ihm aus, dass wir zuerst eine Core Session einlegen und dann eine Sportmassage der Beine machen. Also ab in den Gymnastikraum, wo ich verschiedene Übungen zeige, die wir ergänzend zu dem aktuellen Übungsplan des Sportlers im Trainingslager machen werden, um die kurzen Rückenmuskeln zu kräftigen. 

 

Auf das Abendessen folgt unser allabendliches Meeting und eine letzte Behandlung, bevor das gleiche Spiel am nächsten Tag wieder beginnt. Nach 6 Tagen Training geht es wieder zurück nach Manchester, die Jungs im Flieger und mein Kollege und ich im Van. Noch 5 mal Bahntraining in Manchester, bevor wir am 21. zur hoffentlich erfolgreichen WM anreisen.

Egal ob Profi oder Freizeitsportler, wenn du deine Leistung nach vorne bringen willst, ist es wichtig dran zu bleiben. Nicht nur das Training, sondern auch die entsprechende Vor- und Nachbereitung sind essentiell.

 

Setze dir ein konkretes Ziel für dein Training und dann plane entsprechend. Auch in der Freizeit und im Alltag, wenn nicht trainiert wird, musst du sorgsam mit deinem Körper umgehen. Dazu zählen vor allen Dingen regelmäßige Mobilitätsübungen, ausreichend Schlaf und eine ausgewogene, abgestimmte Ernährung.

 

Falls es dir an dauerhafter Motivation fehlt oder du nicht weißt, welche Maßnahmen du ergreifen musst um an dein Ziel zu kommen, dann zögere nicht, dir professionellen Rat und Hilfe zu organisieren.